Foto: Tom Schweers

"dies ist die geschichte"

sound installation/piece, 2021
Duration: 1h
Commissioned by Quillo Ensemble for "Industriekultur in Eberswalde"


https://quillo.net/industriekultur-konzerte-klanginstallation-gespraeche/





Text by Dirk Wieschollek

Ambivalente Architekturen
„[...]Dass Klanginstallationen auf den Ort ihrer Präsentation Bezug nehmen, ist ein naheliegender Aspekt ihrer Wirkungsweise, dass sie ihn aber gleich in mindestens doppelter Hinsicht als Vergangenheit und Gegenwart gleichermaßen reflektieren, ist nicht unbedingt alltäglich. Giovanni Vergas Installation Dies ist die Geschichte kombiniert zwei verschiedene klangliche Ebenen zu einem überzeitlichen Erfahrungsraum. In einem Teil der Halle erklingt die Geschichte des Ortes als kühles Voiceover zusammen mit komponiertem Klangmaterial. Ihre Gestaltung verdankt sich Vergas Skepsis gegenüber den geläufigen Narrativen von Geschichtsschreibung: „Eine offizielle Geschichte ist für mich die Verzerrung dessen was wirklich passiert ist. Sie wird über das Gelebte gelegt und ist eigentlich eine Nicht-Geschichte. Das Narrativ, welches hier durch das Element des gesprochenen Textes eingebracht wird, wird im Verlauf des Stückes dekonstruiert, löst sich im Klang auf und wird schließlich von Zeit und Raum absorbiert.“ Diese Transformation des scheinbar „authentischen“ Materials vollzieht sich in einem anderen Abschnitt der Halle, „wo durch ein System aus Plattenspieler, Mikrofon und Lautsprecher die klangliche Umgebung und die internen Rückkopplungen des Raums aufgenommen und in Form mehrerer Lautsprecher wieder zurück in die Halle geworfen werden.“ Als Reminiszenz an die Vergangenheit des Ortes als Rohrfabrik sind die Lautsprecher in verschieden großen Rohren installiert, die sich verstreut auf dem Boden befinden. Das Mikrofon hingegen ist in ständiger Bewegung und kreist gleichmäßig in seiner eigenen Zeit auf dem Plattenspieler. „In der sich stetig drehenden Zeit, verkörpert durch die Bewegung des Plattenspielers und des Mikrophons, lebt die Erinnerung. Wie ein Fließband arbeitet sie unermüdlich und ist in der Gegenwart präsent. Durch dieses vielschichtige Diffusionssystem an Klängen erhält der stillgelegte Raum neue Vitalität und Dynamik und wird in seiner Vergangenheit präsent. Eine Klanginstallation, bei welcher der Ort nahezu selbst seine Geschichte erzählt.“
Den Ort selbst sprechen lassen, in einer für jeden Besucher anders wahrnehmbaren eigenen Weise - das haben die Klang-Architekturen von Eres Holz und Giovanni Verga bei aller Verschiedenheit ihrer Mitteilungsformen gemeinsam, wenn scheinbar starre Räume sich in dynamische Gefüge zwischen Gestern und Heute verwandeln."
Dirk Wieschollek